Why self-X-hibitions? Kunstschaffende vs. Kulturbürokratie

Im Anschluß an die Beschlagnahme meiner beiden Bilder in der Secession schickte ich folgenden Brief an die Kuratorin der Ausstellung, in dem ich auch meine Motive für die self-X-hibitions darlegte. Zum Gespräch mit der Kuratorin bei der Ausfolgung der beschlagnahmten Bilder gibt es noch eine Tonaufnahme, allerdings in schlechter Qualität.

An Frau
Bettina SPÖRR, Kuratorin
SECESSION
Friedrichstrasse 12, 1010 Wien

Werte Frau Spörr!                                                                                                         04. 03.2017 

Am 24.1.17 übergaben Sie mir meine beiden Bilder, die ich am 22.1.17, dem letzten Ausstellungstag zu den 111 Werken von Francis Alÿs, mit ausgestellt habe. Sie waren nicht sehr unfreundlich, aber sehr abwertend meiner Aktion, meinen beiden Bildern und meiner Person gegenüber.
Sie sprachen im Zusammenhang von meiner Intervention als Respektlosigkeit der Arbeit der Secession, sowie dem Künstler gegenüber. Sie stellten fest, dass ich mir mit meiner Guerilla-Aktion keine Freunde machen würde.
Ehrlich gesagt war das wirklich nicht meine Absicht.
Meine self-X-hibition beinhaltet 2 Aspekte:

  • Erstens schätze ich den Künstler und seine bekannten konzeptuellen Interventionen sehr. Mein Ausstellungsbesuch am vorletzten Tag begeisterte mich und weckte in mir den Wunsch, meine Geschichte mit Tony Matellis Sleepwalker in New-York in Annäherung an Alÿs zu erzählen. Auch der Titel der Bilder „Le temps du sommeil“ animierte und ließ mir keine Ruhe. Mir blieb nur eine Nacht und ich wollte es wenigstens versuchen. Mir ist der Ausdruck des Respekts gegenüber dem Künstler wesentlich und deshalb versuche ich mich ihm auf meine Weise anzunähern, wie ich es auch schon mit Tony Matellis „Sleepwalker“ getan habe. Ich frage mich, ob dem Künstler die Intervention recht wäre, und ich denke, sie wäre es. So machte ich meine beiden kleinen Collagen und vermerkte die Daten meiner wichtigsten self-X-hibitions mit Pastellkreide auf den „Terra-Cotta-Kacheln“ und setzte mit großem Vergnügen das aktuelle Datum der Fertigstellung, den 22.1.17, der auch der letzte Ausstellungstag in der Seession war, dazu. Meinen und Alÿs’ Text auf der linken Seite versah ich mit „unserer beiden“ vollen Namen.
    Dass mir die Annäherung gut gelang, beweist, dass meine Bilder acht (!) Stunden lang unentdeckt blieben. Die zahlreichen Besucher betrachteten und fotografierten meine Bilder in gleicher Weise wie die von Francis Alÿs. Gelegentlich fragte ich die Besucher, welches der fünf neben einander hängenden Bilder ihnen am besten gefiele. Ich schnitt gar nicht schlecht ab. Ganz selten outete ich mich, dann fotografierten mich die Besucher mit den Bildern und mit sich selbst, gratulierten mir zur Interaktion; niemand „verriet“ mich.
  • Der zweite und vielleicht wichtigere Aspekt meiner self-X-hibition ist der der Subversion: die (konstruktive) Störung des Kunstbetriebs, die Kritik des Kunstmarktes, die Sprengung der musealen Verwahrung der Kunst vor dem Lebendigem.

Diese Kunstform der Intervention knüpft an die aktionistische Kunst an, die in Wien Tradition hat(te).

Jedes der 111 Bilder von Francis Alÿs ist mit 100.000,-  € versichert und mit Sensoren gesichert, während Sie meine beiden Bilder ungeschützt und mit den bemalten Seiten grob aufeinander auf den Tisch legten. Die Security behandelte meine zwei Bilder nach der Beschlagnahmung respektvoller: Die Mitarbeiter schlugen die Bilder vorsichtig ein und behandelten sie auch vorsichtig. Für die Kuratorin, die mir mangelnden Respekt vor dem Künstler Alÿs und seinem Werk vorwarf, waren meine Bilder „nichts wert“. Diese Einschätzung äußerten Sie auch mir gegenüber persönlich und zeigten mir mit der Art der Übergabe auch deutlich. Dies tat weh, war demütigend und äußerst respektlos; und nicht nur mir gegenüber.

Dies alles zu Ihrer werten Information,

mit besten Grüßen

Zsuzsi Vécsei